Jewgeni Prigoschin, der Chef der Wagner-Söldnergruppe, hat vor einer russischen Niederlage in der Ukraine gewarnt. Ihm zufolge sollte Moskau, wenn es nicht verlieren will, sich noch stärker auf die Mobilisierung und die Produktion von Munition konzentrieren. „Jeder sollte nur für den Krieg arbeiten“, sagte der Wagner-Chef in einem Interview mit dem kremlfreundlichen Blogger Konstantin Dolgov. „Wir müssen uns auf einen sehr harten Kampf vorbereiten.“
Prigoschin lobte auch die ukrainischen Streitkräfte. Ziel der russischen Operation war die Entmilitarisierung der Ukraine, doch das Land verfügt heute über weitaus mehr Waffen und Streitkräfte als vor dem Krieg. Russland habe das Land militarisiert, hieß es, und das Militär der Ukraine sei eines der besten der Welt. „Sie verfügen über ein hohes Maß an Organisation, ein hohes Ausbildungsniveau, ein hohes Maß an Intelligenz, sie verfügen über eine Vielzahl von Waffen. Sie arbeiten mit allen Systemen – sowjetischen oder NATO-Systemen – gleichermaßen erfolgreich.“
Andererseits kritisierte der Wagner-Chef erneut die russische Verteidigung dafür, dass sie seine Söldnerarmee nicht ausreichend mit Munition und Personal versorgte. Ihm zufolge hätte der Donbass vollständig erobert werden können, wenn er die 200.000 Soldaten als Verstärkung erhalten hätte. Die Wagner-Gruppe verfüge über 6.000 Männer, die ein Unternehmen leiten könnten, hieß es.
Prigozhin gab auch zu, dass etwa 20.000 seiner Kämpfer in der Schlacht von Bachmut starben, die Hälfte von ihnen waren rekrutierte Gefangene. Doch Experten schätzen, dass diese Zahl höher liegt. An diesem Wochenende beanspruchte Russland die volle Kontrolle über Bachmut, obwohl Kiew nach eigenen Angaben immer noch Soldaten in der Gegend stationiert hat. Der Wagner-Chef verspricht, dass seine Truppen ihre Stellungen bis zum 1. Juni an die russische Armee übergeben werden.
Insgesamt hat Wagner rund 50.000 Häftlinge in seinen Reihen, von denen ein Fünftel in Bachmoet starb.
Auffallend ist Prigoschins Offenheit hinsichtlich der Zahl der Todesfälle. Die reguläre russische Armee ist in ihrer Berichterstattung über gefallene Soldaten sehr zurückhaltend. Darüber hinaus übersteigt die von Prigozhin genannte Zahl die bisherigen offiziellen russischen Zahlen bei weitem. Als Moskau letzten Herbst darüber zuletzt berichtete, hieß es, die Kämpfe in der gesamten Ukraine auf russischer Seite hätten fast 6.000 Soldaten das Leben gekostet. Das war damals mit ziemlicher Sicherheit eine große Unterschätzung.