Proteste in Caimanera | Cuba heute

Am Samstag ist es in der ostkubanischen Stadt Caimanera (Provinz Guantánamo) zu den ersten größeren regierungskritischen Protesten des Jahres gekommen. Auf Videos, die von Dissidentengruppen auf Social Media geteilt wurden, ist zu sehen, wie mehrere dutzend Demonstranten offenbar am frühen Abend vor das Gemeindebüro der Kommunistischen Partei (PCC) zogen und dabei Parolen wie „Freiheit“ und „Nieder mit dem Kommunismus“ skandierten. Aufnahmen nach Einbruch der Dunkelheit zeigen, wie Einheiten in olivgrünen Uniformen mit der Menge zusammenstoßen, wobei es zu gewalttägigen Auseinandersetzungen und fünf Festnahmen kam.

In Folge der Proteste ereignete sich gegen 21 Uhr eine zeitweise Abschaltung des Internets auf Kuba. Seit den landesweiten Protesten vom 11. Juli 2021, in deren Vorfeld eine in Argentinien gestartete Twitter-Kampagne unter dem Hastag „SOSCuba“ stattfand, sind temporäre Internetsperren in Kuba auch bei lokalen Protesten die Regel geworden. Offiziell wurde der Internetausfall mit einer zeitweisen Überlastung begründet.

In einer gestern veröffentlichten Stellungnahme erklärte die Gemeindeverwaltung „mehrere betrunkene Personen“, die sich „in der klaren Absicht, die öffentliche Ordnung zu stören“ einem „zivilisierten Dialog verweigert“ hätten zum Ausgangspunkt, was „polizeiliche Maßnahmen“ erforderlich gemacht habe. Gegen die Beteiligten wurden juristische Schritte angekündigt, gleichzeitig wurde in dem Text die „Pflicht öffentlicher Bediensteter“ betont, „einen ständigen Dialog mit der Bevölkerung zu führen“ sowie „die Probleme, die sich auf die Lebensqualität unserer Einwohner auswirken […] zu beantworten und so weit wie möglich zu lösen.“ In staatlichen Medien war zudem davon die Rede, dass die lokale Polizei mit der Situation überfordert war. Die Botschaft der Vereinigten Staaten in Kuba kritisierte die „gewaltsame Antwort der Sicherheitskräfte“ auf die Proteste auf Twitter.

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Die 11.000-Einwohner-Stadt Caimanera liegt am Südende der Provinz nur wenige Kilometer von der US-Marinebasis Gutánamo Bay entfernt und trägt den Beinamen „Erster antiimperialsitischer Schützengraben“ (span: Erster antiimperialistischer Graben). Wie das oppositionelle Nachrichtenportal 14ymedio berichtet, genießen die Einwohner Caimaneras traditionell eine privilegierte Versorgung mit bis zu 30 Prozent höheren Löhnen und Sonderrationen auf dem staatlichen Bezugsheft „Libreta“.

Zuletzt fanden vergangenen Herbst mehrere Proteste in Folge des tagelangen Blackouts nach dem Durchzug von Hurrikan „Ian“ statt. Anwohner machten durch Topfschlagen und Straßensperren auf ihre Situation aufmerksam, wobei die Autoritäten damals meist deeskalierend agierten. Aktuell dürfte die extrem angespannte Versorgungslage in Zusammenhang mit der seit mittlerweile rund drei Wochen anhaltenden Treibstoffkrise der Tropfen gewesen sein, der das Fass erneut zum Überlaufen brachte. Anwohner und Angehörige der verhafteten Personen machten gegenüber oppositionellen Medien die Ernährungslage für die Proteste verantwortlich. „Kuba ist gerade wie ein Pulverfass, bei dem jedes weitere Ärgernis zur Explosion führen kann“, hieß es bereits während der letzten größeren Energiekrise im Frühjahr 2022 auf der Insel.

Die kubanische Verfassung von 2019 gewährt das Demonstrationsrecht. Ein ursprünglich für September 2020 geplantes neues Versammlungsrecht, mit dem der entsprechende Paragraph umgesetzt werden soll, wurde damals um mehrere Jahre auf die jetzt begonnene Legislaturperiode verschoben.

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