EINAm Freitag war Jürgen Rausch wieder auf dem Bauhof in Bornheim. Sein börsennotiertes Bundesbüdchen war dort seit 13 Jahren unterwegs. Danach sei er komplett fertig, sagt der 64-jährige Rausch. Nicht nur, weil der Kiosk jetzt in einem erbärmlichen Zustand ist. „Plötzlich wurde mir klar, dass sich der lächerlich lange Kampf immer noch gelohnt hat.“
Am Sonntagmorgen ist die Sonne nicht lange aufgegangen, ein Schwerlastkonvoi nähert sich dem ehemaligen Regierungsbezirk Bonn im Schritttempo. Das Bündel wird auf einem siebenachsigen Tieflader festgezurrt. Es ist wirklich nur ein Schatten von sich selbst: Der Putz bröckelt, die Fenster sind mit Holzpaneelen bedeckt. Doch als der Kran den Kiosk an seinen neuen Standort am Rande des Platzes der Vereinten Nationen hebt, erstrahlt Rausch.
„Aber ich bin einfach nicht der Typ, der sich mit Prominenten verkleidet“
Das Bundesbüdchen ist ein ovaler Kiosk mit gefliester Brüstungsleiste und eleganten konvexen Scheiben; Es ist „ein charakteristisches Merkmal der Vielfalt und des Kontrasts der Gebäude im Regierungsviertel und Ausdruck des“ Provisorischen „“, wie im offiziellen Bericht des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege angegeben. Wie beiläufig befand sich der Stand im Zentrum der „Bonner Republik“. Der Bundestag lag direkt gegenüber, der Zaun der Kanzlei war nur einen Steinwurf entfernt und ein paar hundert Meter weiter streckte sich das Repräsentantenhaus „Langer Eugen“ in den Himmel. Rausch, der 1984 den kleinen Jungen von seiner Mutter übernahm, mag sich wie der Torhüter der Republik gefühlt haben, aber er ist nicht dieser Typ.
Er prahlte nie mit den Namen der Politiker, obwohl sie alle seine Kunden waren. Bundeskanzler Helmut Kohl schickte seinen Fahrer, um Sandwiches und Fleischbällchen zu holen. Als Joschka Fischer noch kein Außenminister war, kaufte er regelmäßig einen dicken Stapel Zeitungen. Bundesarbeitsminister Norbert Blüm sprach vor dem Schlagabtausch mit dem Parlament mit einer Bockwurst über Rauschs kleinen Jungen in perfekter Harmonie mit den politischen Rivalen. Und als Klaus Kinkel nicht mehr an der Spitze des Auswärtigen Amtes stand, kam er atemlos an den Kiosk. Es war der Nachmittag des 11. März 1999, als Oskar Lafontaine gerade in einem hitzigen Streit mit Bundeskanzler Gerhard Schröder zurückgetreten war. „Sie haben keinen Finanzminister mehr!“ Rief Kinkel böswillig aus. Rausch antwortete trocken: „Nun, du hast keine mehr.“
Heute ist Rausch ein wenig verärgert darüber, dass er kein goldenes Buch geführt oder irgendwie Autogramme gesammelt hat. „Aber ich bin einfach nicht der Typ, der Prominente schmückt.“ Nur auf Drängen von Freunden hat er Ende 2013 eine Marke eingetragen: „Jürgen Rauschs Bundesbüdchen“. In Wirklichkeit hatte Rausch die Hoffnung fast aufgegeben, weil es seit Jahren nicht mehr so war.
Kosten von mehr als 400.000 Euro
Als der Bundeskanzler, der Bundestag, der Bundesrat und die meisten Minister nach Berlin zogen, machte Bonn dank großzügiger Mittel das Beste daraus. Heute gibt es in der Stadt noch mehr Arbeitsplätze, die sozialversicherungspflichtig sind als in den Tagen der „Bonner Republik“. Da die Stadt mit vielen internationalen Experten und Konferenzen auch zum kleinen, aber feinen Standort der Vereinten Nationen wurde, musste der ehemalige Regierungsbezirk neu gestaltet werden. Herzstück ist das Weltkonferenzzentrum Bonn (WCCB) – für das aber auch das Gelände des Bundesliga benötigt wurde. Im Jahr 2006 schnitt eine Spezialfirma den Kiosk vom Boden ab und mottete das Gebäude ein. Zwei oder drei Jahre, dann sollte Rausch seinen kleinen Jungen in der Nähe aufstellen lassen, hieß es damals. Er durfte so lange in einem Blockhaus bleiben.
Rausch hielt die Hütte nur für kurze Zeit für seine persönliche provisorische Versorgung in Bonn. Doch dann erwies sich der koreanische Investor, von dem Bonn wollte, dass sein WCCB kostenlos gebaut wird, als kluger Betrüger. Auf eine Insolvenzwelle folgte eine Welle von Ermittlungen. Auf der Baustelle ist lange Zeit fast nichts passiert. Der in der Zwischenzeit ausgearbeitete Plan brachte den kleinen Jungen auch nicht in das ehemalige Machtzentrum für das Festival am Tag der Deutschen Einheit zurück, das 2011 in Bonn stattfand. Im Mai 2013 entschied der Stadtrat dies Wiederaufbau, Renovierung und Instandhaltung sollten vom gemeinnützigen Verein „Historischer Pavillon“ finanziert werden. Sein Sprecher Peter Storsberg war in den 1980er Jahren Assistent eines FDP-Bundestagsmitglieds und natürlich Stammkunde der Bundesliga.
Am Sonntagmorgen beobachteten Storsberg und Jürgen Rausch, wie der Spezialkran den Kiosk sanft an seinem neuen Platz positioniert, der sich in Sichtweite des alten Standorts befindet. In den kommenden Wochen müssen das Dach, die Trennwände, die Einrichtung und die elegant gewölbten Scheiben noch entsprechend dem Denkmal rekonstruiert werden. Am Ende werden wahrscheinlich mehr als 400.000 Euro für lange Lagerung, Transport, Tiefbau und Renovierung zusammenkommen. Es ist eine Leistung, die der Verein nur dank der großzügigen Unterstützung der Deutschen Stiftung für Denkmalschutz und der NRW-Stiftung leisten kann.
Wenn die Bundesbüdchen im Spätsommer endlich wieder eröffnen sollen, wird Jürgen Rausch selten hinter der Theke stehen. „Ich habe nach all den Jahren viel Kraft verloren“, sagt er. Der Verein hat deshalb die Bundesbüdchen an eine Bäckerei vermietet. „Aber ich werde unbedingt dafür sorgen, dass ein Angebot wie zu Zeiten der Bonner Republik gehalten wird“, verspricht Rausch. „Bockwurst, Fleischbällchen und Zeitungen sind ein absoluter Kern.“
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